Der Markt für Naturkosmetik hat sich in den letzten Jahren rasant verändert – die ehemalige Ökonische ist zum Mainstream avanciert. Neben den pflegenden Inhaltsstoffen müssen heute auch die Textur und die Verpackung des Produktes überzeugen. Über den Duft eines Produkts können sich die Hersteller deutlich vom Wettbewerb abgrenzen; gleichzeitig ist er in der Lage, die positiven Eigenschaften natürlicher Inhaltsstoffe zu transportieren. Im Interview mit dem Parfümeur Alexandre Illan von Düllberg Konzentra geht es um Herausforderungen, Trends und die besonderen Glücksgefühle, die durch natürliche Düfte entstehen.
Fällt es Ihnen als Parfümeur schwer, auf sythetische Inhaltsstoffe zu verzichten?
Alexandre Illan, Düllberg Konzentra: Die Beschränkung auf rein natürliche Rohstoffe ist in der Tat eine besondere Herausforderung für uns Parfümeure. Natürliche ätherische Öle sind oft sehr teuer, sodass wir in unseren Formulierungen nur kleine Mengen verwenden können. Ein Kilogramm echtes Rosenöl kostet fast 6.000 Euro, ein Kilogramm synthetisches Rosenöl in guter Qualität bekommt man bereits für einen Bruchteil dieser Summe. Auch andere beliebte Duftnoten wie Jasmin und Tuberose haben einen hohen Preis. Bei unseren Formulierungen müssen wir uns daher auf eine kleinere Anzahl an Inhaltsstoffen beschränken und direkt zum Punkt kommen. Für eine Lavendelnote kann es zum Beispiel sinnvoll sein, statt 25 Inhaltsstoffen nur zehn Komponenten zu verwenden.
Setzen Sie neben ätherischen Ölen noch weitere natürliche Inhaltsstoffe für den Duft ein?
Alexandre Illan, Düllberg Konzentra: Zusätzlich zu unserem vielfältigen Portfolio aus ätherischen Ölen verwenden wir auch einzelne Riechstoffe, die aus natürlichen Rohstoffen gewonnen werden. Weil es beispielsweise kein ätherisches Öl aus Pfirsichen und Aprikosen gibt, müssen wir diese Duftnote mit anderen natürlichen Riechstoffen rekonstruieren. Manche dieser Stoffe haben einen fruchtigen Charakter und erinnern an die grünen Blätter von Rhabarber, andere haben ein nussig wachsiges Duftprofil und riechen nach Kokosnusscreme. Wir können all diese natürlichen Duftstoffe je nach gewünschtem Effekt als Spuren oder als sogenannte „Overdose“ verwenden.
Manche Verbraucher empfinden ätherische Öle als zu intensiv. Wie finden Sie die richtige Balance?
Alexandre Illan, Düllberg Konzentra: Natürliche ätherische Öle sind pure, hochkonzentrierte Rohstoffe, die nur in geringen Konzentrationen eingesetzt werden sollten, z.B. aufgelöst in Avocado- oder Mandelöl im Verhältnis 1:15. In unseren Kompositionen kombinieren wir die einzelnen Bestandteile in einem ausgewogenen Verhältnis, um die richtige Balance und das beste Profil des Öles zu erzielen.
Welche klassischen Duftthemen werden bei der Parfümierung natürlicher Kosmetik besonders häufig besetzt?
Alexandre Illan, Düllberg Konzentra: Basisakkorde mit Zitrus haben immer Erfolg, weil sie frisch, klar, einfach und unkompliziert sind. Sehr beliebt ist auch das Konzept der Aromatherapie mit Kombinationen wie Lavendel Ylang Patschuli, Kardamom Zimt, Limette Ingwer oder Orange Vanille. Generell bevorzugen Menschen Düfte, die sie kennen, wiedererkennen und klar benennen können wie Mandarine, Apfel oder Rose. Diesem Bedürfnis entsprechen wir in unserem Portfolio mit den Solinotes. Das sind einfache Akkorde, die aus fünf bis sechs ätherischen Ölen bestehen. Aber wir bedienen auch den Wunsch nach komplexeren Parfüms, die auf populären Feinparfümeriedüften basieren oder von klassischen Akkorden wie Chypre, Amber oder Fougère inspiriert werden.
Welche neuen Trend beobachten Sie bei der Parfümierung von Naturkosmetik?
Alexandre Illan, Düllberg Konzentra: 2013 ist das Jahr der roten Früchte, dazu zählen Granatapfel, Kirsche, Pflaume oder Johannisbeere. Auch exotische Früchte wie orientalische Feige, Sternfrucht und Mango liegen im Trend. Daneben beobachten wir auch eine Vorliebe für transparente, grüne, blumige Noten wie Lilie, Lindenblüte, Geißblatt oder Lotus. Auch ozeanische, aquatische Düfte werden in der Naturkosmetik immer beliebter.
Werden für die ozeanischen Düfte echte Rohstoffe aus dem Meer eingesetzt?
Alexandre Illan, Düllberg Konzentra: Wir verwenden für den salzigen Seetangeffekt tatsächlich ein Absolue aus Algen. Für einen sauberen, grün-wässrigen Akkord nutzen wir z.B. einen Extrakt aus den Schalen der Wassermelone.
Welche Rolle spielen biologisch hergestellte Düfte für Ihr Unternehmen?
Alexandre Illan, Düllberg Konzentra: Wir sind ECOCERT zertifiziert und verfügen über eine breite Palette an ätherischen Ölen aus kontrolliert biologischem Anbau. Diese bauen wir kontinuierlich weiter aus, um der steigenden Nachfrage für diese Produkte gerecht zu werden.
Ätherische Öle werden aufgrund Ihrer vielfältigen Wirkungen auf Psyche und Körper auch therapeutisch eingesetzt. Wie wichtig ist dieser Aspekt bei Ihrer Duftkreation?
Alexandre Illan, Düllberg Konzentra: Ob Blüten, Blätter, Gewürze, Harze oder Hölzer – alle natürlichen Inhaltsstoffe bestehen aus Tausenden Molekülen, die unseren Körper, unsere Haut und unsere Stimmung beeinflussen können. Ätherische Öle haben für mich eine fast magische Qualität, denn nur ein Tropfen sorgt schon dafür, dass wir uns glücklich, sinnlich, belebt oder entspannt fühlen. Wenn ich Lavendelöl rieche, fühle ich mich geborgen, denn der Duft erinnert mich an die Zeit, die ich mit meiner Familie in Südfrankreich verbracht habe. Abhängig von der Dosierung in der jeweiligen Formulierung kann der Effekt sehr leicht oder sehr intensiv sein. Ein Lavendelbouquet wird durch Rosmarin oder Salbeiöle stärker und aromatischer. Vanille und Benzoin hingegen machen den Lavendelduft süßer und weicher, sodass er mehr in die orientalische Richtung geht. Ein holziger Duft wird durch eine Zitrusnote knackig und strahlend. Sie lässt den Duft leuchten und verleiht ihm Komplexität. Letzten Endes geht es immer nur um eines: um die Harmonie des Dufts.
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